Liebe Leserin, lieber Leser!
Die Felder sind abgeerntet, die Bäume verziert mit roten Äpfeln, an den Reben hängen die Trauben, bereit für die Kelter. Der Herbst ist eine Zeit der Ernte, des Sammelns und der Dankbarkeit für die Fülle der gewachsenen Gaben.
Das Laub der Bäume verfärbt sich und nicht lange, dann sind sie kahl und bloß. Für Viele ist der Herbst eine Zeit, die an Vergänglichkeit und Loslassen gemahnt. So mancher leidet unter dem Verlust von Wärme und der Leichtigkeit des Sommers.
Doch zeigt die Natur in den leuchtenden Farben der Blätter ein erstaunliches Phänomen der Wandlung. Die Bäume brauchen für ihr Wachstum den grünen Farbstoff Chlorophyll, um den notwendigen Stoffwechselprozess der Fotosynthese betreiben zu können. Im Herbst verlagern die Bäume das Chlorophyll von den Blättern in die Äste und Stämme. Dort wird es gespeichert und aufgespart für den nächsten Frühling.
Dieser Prozess vollzieht sich unbemerkt, im Stillen, im Verborgenen, quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Als äußeres Resultat sehen wir lediglich, dass die Blätter sich bunt färben und in den schönsten Farben glühen. Und das, was nicht gebraucht wird, fällt später als braunes, vertrocknetes Laub von den Bäumen.
Es ist ein Prozess des Wachsens und Reifens. Was an lebenserhaltenden Nährstoffen gewachsen ist, geht nicht verloren. Es wird gewandelt. Es bleibt in anderer Form und wird im kommenden Frühjahr wieder das Leben tragen.
Das legt die Vermutung nahe, dass wir Menschen als Geschöpfe Gottes nicht weniger bedacht sind. Die tröstliche Hoffnung ist, dass auch bei uns Menschen das, was wir im Laufe des Lebens geworden sind, nicht verloren geht, sondern gewandelt wird. Der Herbst ist so eine Zeit der Ernte, des Nach-Innen-Gehens und der Wandlung.
Das lädt ein, betend in die Psalmen einzustimmen: Herr, wie staunenswert sind deine Werke, mit Weisheit hast du sie alle gemacht.
Ich wünsche Ihnen einen Herbst, in dem Sie gelassen dem Leben und seinen Wandlungen vertrauen können.
Für die Klinikseelsorge
Theresia Tettling