‚Gib Gnade, dass die Fastenzeit den deinen gute Frucht verleiht!‘ – das Kirchenlied drückt aus, dass man sich von dieser besonderen Zeit Wachstum, Ergebnisse, Fortschritt verspricht.
Auch Menschen ohne religiöse Antenne verzichten, schränken sich ein, schaffen es ‚ohne‘.
Es ist also wohl was dran, dass man etwas durch Verzicht und bewusstes Minimieren von Lebensmitteln, Alkohol, Fernsehen, Rauchen, Zeit vor dem Computer, etc. erreicht, dass dadurch mit dem Menschen etwas Positives passiert.
Aber was ist das und geht es in dieser Zeit wirklich um verzichten?
Der deutsche Name ‚Fastenzeit‘ gefällt mir nicht, er sagt nichts aus. Schöner ist die originale Bezeichnung in lateinischer Sprache. Da nennt man diese Zeit einfach ‚Quadragesima‘, die Zeit der 40 Tage. Die Zahl 40 ist für Juden wie Christen bedeutsam, vor allem aufgrund der 40jährigen Wanderschaft durch die Wüste ins gelobte Land, in der es die gesamte Zeit darum ging, die pulsierende, tiefe, ewige Freundschaft mit dem Herrn zu erringen, zu leben, zu gestalten
Genau das macht diese Zeit aus: Freundschaft zu leben, Beziehung zu gestalten, Zeit zu investieren, still zu werden, damit etwas wachsen und Frucht bringen kann. Wenn es dafür hilfreich ist, weniger zu essen und (Alkohol) zu trinken, weniger zu rauchen oder kaum noch am Handy zu spielen, macht dies absolut Sinn. Wo aber Verzicht zum Leistungsnachweis wird und den Ehrgeiz triggert, wo die Vollzüge mit nichts und niemand mehr verbunden sind, wird es fad, hohl und langweilig.
Jesus ist gepackt von seiner Leidenschaft, für die Menschen Leben zu erringen, damit sie ‚Leben haben und es in Fülle haben‘. Am Kreuz wird Tod in Leben gewandelt, die entscheidende Verwandlung dieser Welt ist geschehen und von ihr gehen alle Wandlungen, die diesen Namen verdienen, aus, auch unsere, auch meine.
Wo Menschen den anderen als Schwester oder Bruder sehen, wo sie nicht rechnen, misstrauen, beleidigen und verletzen, wo nicht das ‚Aug‘ um Aug‘‘ und ‚Zahn um Zahn‘, gilt oder das ‚Wie du mir, so ich dir‘ – da geschieht Wandlung, Veränderung zum Guten.
So die Quadragesima verstehen, so die Wüstenerfahrung ins fruchtbare Land deuten, so die gewandelte Freundschaft mit dem Herrn leben – das wünsche ich von Herzen!
Für das Seelsorgeteam an der Uniklinik Köln
Ihr Pfarrer Mike Kolb